Jede Zeit hat ihr Marketing-Lamento. Doch so umfangreich und komplex wie in den letzten Jahren war die Situation wohl nie – und Verbesserung ist nicht in Sicht. Die Regale sind voll. Die Produkte werden vergleichbarer, einstige „Einstiegsmarken“ holen auf. Sich vom Wettbewerb abzusetzen, wird immer schwieriger. Die Konsumenten werden anspruchsvoller, sie wissen oft mehr als das Verkaufspersonal. Immer mehr Kanäle müssen bespielt werden. Und die digitale Welt stellt die klassischen Medien infrage. Dies sind nur einige Beispiele. Resultat: Die Unternehmen, die Marketingmitarbeiter sind oft überfordert, denn die Arbeitsbelastung nimmt stetig zu. Es fehlt Zeit, um in Ruhe eine erfolgversprechende Strategie aufzubauen, nach der man effizient arbeiten kann.
Wie bewältigt man die Komplexität und sorgt für eine starke Stellung am Markt? In dieser Welt der Innovationen wird überraschenderweise die gute alte „Marke“ immer prominenter. Alle spüren, dass Marke der Schlüssel zum Erfolg ist. Nicht nur die erfahrenen Profis in der Businesswelt – auch die Startups oder Influencer. Selbst YouTube bietet nun ein „Ich-Marke Tutorial“.
Marke hat sich geändert, weil sich die Welt geändert hat
Doch „Marke voran“ ist leicht gesagt. Die etablierten Marken-Tools wirken nicht mehr so wie früher. Warum? Weil sich der Gegenstand drastisch geändert hat. Noch vor 20 Jahren bestand Marke hauptsächlich aus Branding, Werbung, Claims und Packaging. Die Welt war einigermaßen übersichtlich.
Heute entstehen und vergehen immer neue digitale Kommunikationskanäle. Die Kunden sind immer weniger bloße „Konsumenten“. Die digitale Welt verhilft ihnen in nie erreichter Weise zu vergleichen, zu hinterfragen – die Herkunft der Zutaten, das Tierwohl, die Behandlung der Zulieferer, die Umweltfreundlichkeit der Verpackung und so weiter. Auch wenn sich anfangs Minderheiten damit beschäftigen, kann es sich digital in Windeseile verbreiten. Dies nur als ein Beispiel von zahllosen.
Erst heute ist Marke das, was man lange gepredigt hat: ein Ganzes, ein „ganze Marke.“ Sie entsteht an der gesamten Wertschöpfungskette und viele dieser Aktivitäten sind inzwischen Kontaktpunkte mit der Kundschaft und der Öffentlichkeit geworden. Die müssen im Sinne der Markenstrategie geführt werden.
Zurück zu den großen markenstrategischen Fragen: „Wofür steht unsere Marke? Wie nutzen wir diese Stärken? Was sollen wir tun, um nicht nur mittelfristig, sondern auch sofort operativ richtig zu handeln?“ Die bisherigen Methoden der Markenführung sind damit überfordert. Visionen, Kernwerte und abstrakte Markendefinitionen gehen im Alltag unter. Warum? Weil man nichts konkret damit anfangen an. Was nutzen Imagebegriffe wie „Unsere Marke steht für Innovation, Tradition, Qualität“? Die Folge: das Marketing muss rätseln, deuten und improvisieren. In den bisherigen Markenmethoden gibt es keinen Weg vom „Kern“ bis hin zu konkreten Leitlinien, das kann die Kausale Markenführung.
Was ist kausale Markenführung?
Kausal meint das einfache Prinzip „Ursache-Wirkung“. Als „Wirkung“ definiert man, welche Positionierung in der Kundschaft erzielt werden soll. Was sollen die Zielgruppen über die Marke denken? Bei „Ursache“ legt man fest, womit man diese Position erreichen will. Man könnte auch sagen: Womit man diese Behauptung beweisen will. Dazwischen liegt die „Umsetzung“, will sagen Werbung, Kommunikation, Design, POS usw.
Ist das neu? Nein. Der Markenpionier Dr. Klaus Brandmeyer hat diese Methode vor Jahrzehnten begonnen. Seitdem wird sie eingesetzt und weiterentwickelt. „Konkret statt abstrakt“ ist die Maxime: Man muss die Stärken der Marke analysieren und konkret benennen – und in der Kommunikation sollen diese Stärken auf das Kommunikationsziel fokussieren.
Nehmen wir Volvo als Beispiel: Jedem fällt zu Volvo „Sicherheit“ ein. Mit dem Blick der kausalen Markenführung erkennt man: Diese Assoziation, diese Positionierung ist kein Zufall. Es ist eine Wirkung, die über Jahre und Jahrzehnte immer wieder im Publikum erreicht wird. Was ist die Ursache dafür? Werbung mit dem Thema „Sicherheit“ und ein Produkt, bei dem erkennbar (früher „Wasa-Kiste“), messbar (die wenigsten tödlichen Unfälle) und sprechbar („Schwedenstahl“) die Sicherheit eine wichtige Rolle spielt.
Wie geht es weiter? Kausale Markenführung muss Vision, Mission und Leitbild nicht ersetzen. Sie kann aber etwas, das die anderen nicht können: Die Marke konkret analysieren, beschreiben und bis hinunter zu den Kontaktpunkten vorgeben, wie diese geführt und gestaltet werden sollen.
So kann die Marke in den neuen, komplexen Zeiten das tun, was Mitarbeiter, Handel, Kunden und Öffentlichkeit von ihr erwarten: Einzigartig und konsistent auftreten… und verkaufen!
P.S.: Mehr dazu auf www.brandmeyer-markenberatung.de
Andreas Pogoda, Gesellschafter der Brandmeyer Markenberatung